Wer wegen Krankheit nicht arbeitsfähig ist, kann für die Dauer von sechs Wochen weiter seinen Lohn verlangen. Tritt während dieser ersten Krankheit allerdings ein weiteres Leiden hinzu, beginnt die Sechswochenfrist nicht von Neuem. Nur, wenn der Arbeitnehmer vor der zweiten Erkrankung arbeitsfähig war, kann er wegen des zweiten Leidens erneut sechs Wochen Entgeltfortzahlung beanspruchen.
So entschied kürzlich das Bundesarbeitsgericht.
Grundsätzlich zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Wer arbeitsunfähig erkrankt ist, kann grundsätzlich weiter seinen Lohn verlangen. Bis zu sechs Wochen hat der Arbeitgeber weiter zu zahlen. So sieht es das Entgeltfortzahlungsgesetz vor. Voraussetzung ist u.a., dass
- die Arbeitsunfähigkeit vom Arbeitnehmer nicht verschuldet wurde und
- das Arbeitsverhältnis mindestens vier Wochen besteht.
Nach dem Zeitraum von sechs Wochen kann grundsätzlich Krankengeld oder Krankentagegeld von der Krankenversicherung bezogen werden.
Mehrere Erkrankungen führen zu Arbeitsunfähigkeit
In dem jetzt vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall hatte sich eine Fachkraft in der Altenpflege wegen eines psychischen Leidens krankgemeldet. Die Arbeitnehmerin wurde insgesamt für 14 Wochen krankgeschrieben. Wie gesetzlich vorgesehen, hatte die Arbeitgeberin nur für die ersten sechs Wochen Entgeltfortzahlung geleistet. Anschließend erhielt die Arbeitnehmerin Krankengeld von ihrer Krankenkasse.
Ein Tag nach Ablauf der 14 Wochen meldete sich die Arbeitnehmerin erneut krank – dieses Mal allerdings wegen einer schon seit längerem geplanten Operation. Hierfür legte sie eine als “Erstbescheinigung” bezeichnete Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des operierenden Arztes vor. Die Arbeitgeberin leistete jedoch keine weitere Entgeltfortzahlung. Hiergegen richtete sich die Klage der Arbeitnehmerin.
Keine erneute Entgeltfortzahlung bei überschneidenden Erkrankungen
Das Bundesarbeitsgericht urteilte, dass die Arbeitgeberin zu Recht keine erneute Entgeltfortzahlung geleistet habe.
Sofern sich an eine Krankschreibung in nahem zeitlichen Zusammenhang eine weitere Krankschreibung anschließe, müsse der Arbeitnehmer beweisen, dass die frühere Arbeitsunfähigkeit im Zeitpunkt des Eintritts der “neuen” Erkrankung bereits beendet sei. Wenn dieser Nachweis dem Arbeitnehmer nicht gelinge, müsse der Arbeitgeber nicht erneut Entgeltfortzahlung leisten. Dies gelte auch, wenn die jeweiligen Grundleiden für die Krankheiten völlig unterschiedlich seien.
Sei der Arbeitnehmer zwischenzeitlich allerdings wieder arbeitsfähig gewesen und könne dies beweisen, entstehe der Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung erneut.
Fazit
Sofern sich an eine vorangegangene Krankschreibung eine neue Arbeitsunfähigkeit anschließt, muss der Arbeitnehmer darlegen und im Streitfall beweisen, dass er zwischenzeitlich arbeitsfähig war. Schließt sich nämlich eine Krankheit nahtlos an eine andere an, entsteht der Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung nicht erneut.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11. Dezember 2019 – 5 AZR 505/18